JSG Update: Handball made in Bonn
Chef Ludger Santen zum Jahreswechsel 2021 / 2022
„Gleðilegt nýtt ár og takk fyrir það gamla !“ *
*Das war Isländisch und heißt: Ein gutes neues Jahr (und Danke für das alte) !
Gar keine Frage: auch zum Jahreswechsel 21 / 22 hat der Hallensport Handball nach wie vor einen schweren Stand. Doch anders als noch im Januar 2021 bleibt diesmal zumindest die vage, aber berechtigte Perspektive, die Saison mit Vorsicht unter Einhaltung der gebotenen Verordnungen zu Ende zu bringen. Toi, toi, toi !
Natürlich kommt unter diesen Gegebenheiten eine sportliche Bilanz etwas skurril daher. Im Grunde ist jede absolvierte Trainingseinheit, jedes Meisterschaftsspiel schon ein kleiner Sieg für unseren geliebten Handball. Und doch versuchen wir immer wieder schnell in das gewohnte Schema zu kommen, um uns mit Ergebnissen, Punkten und Toren in Tabellen miteinander zu messen.
Ludger Santen versucht sich im Kurz-Interview zum Jahresstart an einer vorsichtigen Bonner Bilanz der Geschehnisse seit August …
Wie geht’s bei der JSG zum Jahreswechsel?
Schon mal besser, als im letzten Jahr. Wir haben eine richtige Quali gespielt und haben bislang gezeigt, dass wir in den Regionalligen mindestens gut mithalten können.
Also überall eitel Sonnenschein?
Nein, es gibt schon auch ein bisschen Schatten. Es hat sich gezeigt, dass die Spielerdecke der A-Jugend recht dünn ist. Rund ums Abitur gibt es offenbar auch andere Prioritäten. Das ist dann der Unterschied zwischen leistungsorientiertem und echtem Leistungshandball.
Ist es nicht schade, dass die Motivation auf der letzten Etappe zum Seniorenbereich nachlässt?
Sicher! Es ist aber auch verständlich und durchaus mit unserem Anspruch vereinbar. Wir wollen den Spielern die Möglichkeit geben, Handball als Leistungssport auszuüben. Dieses Angebot haben sie von der C- bis zur A-Jugend, es gibt daneben auch zahlreiche Angebote für weniger ambitionierte Spieler.
Wie steht es denn nun bei A-Jugend?
Der Start in die Saison war sicher etwas holprig, aber mittlerweile schöpfen wir auch da unsere Möglichkeiten besser aus. Das Hauptproblem bestand darin, dass die Trainingsgruppe für ein anspruchsvolles A-Jugendtraining zu klein war.
Und die Lösung?
Wie immer Flo. Er hat noch einmal Trainingszeiten verschoben und weiter gequetscht, so dass am Ende die B1 und A1 häufig gemeinsam trainieren. Jetzt stehen die Jungs mindestens viermal pro Woche in der Halle. Wobei nicht viel gestanden wird. Das Training ist mittlerweile wirklich anspruchsvoll.
Die eigentlichen Vorzeigeteams sind aber jünger oder?
Das kann man so sagen. Die C1 behauptet sich hervorragend in der anspruchsvollsten Regionalliga und bei der einzigen Niederlage der B1 musste sich der Bergische HC zuhause schon sehr strecken, um sich mit einem Tor ins Ziel zu retten. In diesen Altersklassen sind uns zurzeit wahrscheinlich nur noch die Teams aus Dormagen einen echten Schritt voraus.
Ist die JSG damit schon an ihrem Limit?
Nein, eher nicht. Wir haben ja gerade erst angefangen, allerdings muss man das Erreichte auch wertschätzen. Die Erfolge, die wir jetzt im A- und B-Jugendbereich haben, basieren auf der Arbeit im Kinderhandball vor 6-8 Jahren. Wenn wir da nachlassen, werden wir dieses Niveau nicht halten können.
Aber es gibt natürlich auch noch sehr viel Luft nach oben. Der eigentliche Maßstab ist Island. Dort leben ungefähr genauso viele Menschen wie in Bonn, es gibt aber den einen oder die andere Weltklassespielerin mehr.
Jetzt aber ernsthaft - Weltklassehandball in Bonn?
Das ließe sich wohl nur realisieren, wenn wir Kiel und Barcelona zu einem Freundschaftsspiel einladen würden - wobei selbst das schwierig wäre, weil uns dazu die passende Halle fehlt. Aktuell ist die Hallensituation sicher eines der größten Probleme im Bonner Handball. Mittlerweile wird jede freie Minute auf dem Seitenstreifen genutzt, wenn es denn einen gibt. Hier gibt es dringenden Handlungsbedarf.
Sind neue Sporthallen nicht ein Utopie?
Auch hier lohnt sich ein Blick nach Island: Dort hat man in den 90er Jahren des vergangenen Jahrtausends umfassende Freizeitangebote für Jugendliche geschaffen, um den Missbrauch von Alkohol und anderen Drogen einzudämmen. Eine wichtige Säule dieses extrem erfolgreichen Präventionsprogramms, ist ein breites Sportangebot mit entsprechender Infrastruktur. Für mich ist es deprimierend zu sehen, wie sehr wir die Infrastruktur für Kinder und Jugendliche in den vergangenen Jahrzehnten vernachlässigt haben. Als ich in 80er Jahren mit dem Handballspielen begonnen habe, wurden überall neue Schulen und Sporthallen gebaut. Danach ist leider sehr wenig passiert.
Hier ist dringend ein Umdenken erforderlich. Die Folgen der zunehmenden Individualisierung der Gesellschaft sehen wir derzeit auf den Straßen. Menschen müssen im richtigen Leben zusammen kommen, auch und gerade im Sport.
Zurück zur JSG: Was sind die nächsten Schritte?
Wir sind davon abhängig, dass sich möglichst viele engagierte Spieler und Eltern finden, um die zahlreichen Mannschaften zu trainieren und zu betreuen. Deshalb wollen wir die Trainerausbildung in Bonn und Umgebung weiter vorantreiben. Außerdem müssen wir unsere Trainerinnen und Trainer besser ausrüsten, insbesondere im Bereich des Athletiktrainings. Hier hoffen wir auf die Unterstützung von Sponsoren, die sich im Bonner Handball engagieren möchten. Jedes freiwillige Engagement von den Eltern unserer Spieler ist natürlich auch willkommen, in der Halle, bei der Organisation der JSG oder mit einer finanziellen Unterstützung.
In sportlicher Hinsicht bereiten wir neben dem (hoffentlich weiter) laufenden Spielbetrieb schon die nächste Qualifikation vor. Es wäre ein schöner Erfolg, wenn wir erneut die Regionalliga von C- bis zur A-Jugend erreichen können. Vielleicht wagen wir aber auch schon einen ersten, vorsichtigen Blick in Richtung Jugendbundesliga? Wobei wir sehr wohl wissen, dass die JBLH-Trauben gerade bei den Jungs sehr hoch hängen für Teams, die nicht einem offiziellen Leistungsstützpunkt angehören. Trotzdem wollen wir versuchen, in den nächsten Jahren auch diese Lücke zu den Topvereinen Schritt für Schritt zu schließen.