TSV Saisonvorschau 2012/2013 – Frauen II
Die zweite Schreibblockade
Es gibt viele unterschiedliche Arten von Vorberichten. In chronologischer Reihenfolge werden alle wichtigen Daten der bevorstehenden Saison aufgelistet und in einem Text zusammengefasst. Dabei werden die Probleme des Teams thematisiert, Aufstellungen erklärt und aktuelle Begebenheiten beleuchtet. Wer solch einen Vorbericht liest, sollte eigentlich keine Fragen mehr haben und perfekt auf die kommende Saison vorbereitet sein.
Die jeweilige Saisonvorschau kann humorvoll, ironisch, sarkastisch oder sonstige Stilrichtungen verwenden. Sie kann auch ernst sein, Finger in Wunden legen oder Missstände anprangern. Ein Rezept gibt es nicht. Richtig schwierig wird die Geschichte aber erst dann, wenn man so etwas wie eine nicht zu lösende Schreibblockade erleidet – so in etwa, wie ich gerade jetzt. Ausgerechnet mir passiert so etwas, dem stolzen Socrates! Dem herausragenden abendländischen Dichter und Denker grundlegender philosophischer Grundstrukturen. Ich allein, Socrates Iduino de Oliveira, habe schließlich die Philosophie als Erster vom Himmel auf die Erde herunter gerufen, unter den Menschen angesiedelt und zum Prüfinstrument der Lebensweisen, Sitten und Wertvorstellungen gemacht. Doch auch mir, dem sittsamen Schöngeist will ausgerechnet jetzt nichts Rechtes einfallen. Trotzdem muss ich Vorberichte für gleich zwei TSV Teams schreiben, nämlich für die männliche A-Jugend und die II. Damenmannschaft, so schwer es mir auch fallen mag.
Erzwingen wir es also, gleich zwei einigermaßen vernünftige Vorberichte zu schreiben. Aber, was ist zu tun? Wir könnten eventuell versuchen, irgendein handballfernes Ereignis ins Auge zu fassen und über die kommende sportliche Zeit eine Glocke zu stülpen. Wir könnten imaginäre Interviews führen, geheime Sitzungen von Funktionären belauschen oder Gespräche zwischen Fans dokumentiert (Mittelrheinforum, facebook), die in dieser Art und Weise noch nie veröffentlicht worden sind. Irgendwie könnte man das schon zum eigenen Thema verbiegen und man hätte so zumindest rechts und links neben die Seitenauslinie geschaut. Einige Lacher wären auch nicht schlecht. Und doch ist da wieder die unangenehm leere Situation, überhaupt nicht zu wissen, wie der Vorbericht aussehen soll. Beim Zeus, diese fürchterlich laute Stille!
Pitu! Disziplin, konzentriere Dich! Doch was nur, was soll ich schreiben? Was kann ich präsentieren? Für eine faktenbezogene Variante habe ich mich mit beiden Teams doch viel zu wenig beschäftigt. O.K. – das ist ein schräger Scherz, eine faule Ausrede. Was für eine Art von Vorschau sollte ich schreiben? Für einen skurrilen Bericht fehlt mir in meiner Verfassung das Talent, für eine lustige Variante sind keine Ideen zur Verfügung und überhaupt: bei www.tsv-bonn.de wurde doch schon alles geschrieben und beleuchtet. Verdammt!
Versuchen wir es also mit einem einfachen socratischen Grunddialog:
"Ich weiß, das ich nicht weiß!"
Bloß keine Schwangerschaften...
Dabei fällt eine Saisonvorschau auf die Spielzeit 2012/2013 gerade im Falle der völlig neu (re-) formierten 2. Handball- Frauenmannschaft der Turn- und Sportvereinigung gar nicht so schwer, wie es uns Socrates in seiner Einleitung offensichtlich glauben lassen will. Denn ganz sicher gehört das Oberligareserveteam der Damen durch diverse Veränderungen, Neuausrichtungen und Personalien in diesem Jahr zu den wohl interessantesten und schillerndsten Teams der Beueler Handballabteilung überhaupt. Vielleicht scheut sich der mutige, bekanntermaßen aber auch sehr clevere Neutrainer ja bewusst, ein frühes und damit vielleicht vorschnelles Statement zu seinem neuen Team abzugeben. Zugegeben, die neue Aufgabe ist zwar in jedem Fall sportlich sehr reizvoll, aber anderseits auch alles andere als einfach.
Denn erstmals in ihrer bewegten Abteilungshistorie überhaupt, richten die Beueler Handballer ihre zweite Frauenmannschaft leistungsbezogen aus. Das war in der Vergangenheit eigentlich nie ein echtes Thema, weil es einerseits irgendwie nie zur ernsthaften Zielsetzung gehörte, andererseits natürlich schlicht auch mangels dafür zwingend notwendiger Maße. Doch die Zeichen der Zeit sind andere und ließen keinen anderen Schluss mehr zu. Ursache ist zuallererst die kontinuierliche TSV-Jugendarbeit und natürlich auch die Erfolge der Beueler Frauen in den letzten Jahren.
Für eine gründliche Neuausrichtung musste Abteilungsleiter Gerhard Flory aber erst mal einen geeigneten Coach suchen, denn Maren Walgenbach erklomm zum Ende der vergangenen Saison die imaginäre Karriereleiter und wurde in verantwortliche Position auf den TSV-Frauenchefsessel befördert. Hm, gar nicht so einfach, denn der Beueler Handballchef bevorzugt ja bekanntlich pfiffige interne Lösungen. Doch Flory wäre nicht bereits im zweiten Jahrzehnt der unumstrittene blaugelbe Nuntius, wenn ihn nicht auch bei dieser pikanten Personalie der entscheidende Geistesblitz durchzuckt hätte. Oder war es gar himmlische Weisung? Jedenfalls präsentierte er dem verblüfften Beueler Handballauditorium mit Socrates de Oliveira ein völlig unbeschriebenes Blatt für die vakante Position. De Oliveira? Unerfahren - ja, aber auch unvoreingenommen. Sicher äußerst charmant und beliebt – zugegeben, doch nicht minder ehrgeizig und zielgerichtet. Mit dem sprichwörtlich verspielt sonnigen Temperament eines Brasilianers ausgestattet – mittlerweile aber ebenso mit einer gehörigen Portion an „typisch deutschen Eigenschaften" ausgestattet. Kurz: Headhunter on target!
Lange Zeit zum Konzepte ausarbeiten oder sich gedanklich mit der neuen Situation anzufreunden, blieb dem neuen Coach indes nicht. Ein kurzes Gespräch mit der Abteilungsleitung, ein informeller und freundschaftlicher Austausch mit Oberligacoach Florian und: los geht es! Bei der Bildung der völlig neuen „Zweiten" kam nach der kurzen Trainingspause bis Ostern erschwerend hinzu, dass natürlich parallel auch die im letzten Jahr nahezu gleich starke „Dritte" zunächst aufgelöst und gesichtet werden musste. Na prima, im Klartext hieß das in den ersten Wochen, dass sich in der Spitze bis zu 36 (!) Beueler Frauen beim „Casting" tummelten. Natürlich auf Dauer ein unhaltbarer Zustand. So musste der sonnige Brasilianer schnell einige unpopuläre, aber für alle Beteiligten dringend notwendige Entscheidungen treffen.
Und exklusiv für „TSV online" flüsterte uns ein/e Insider(-in?) einige interessante, wenn auch zunächst nur vorläufige, Personalien. Klar, die A-Jugend-Spielerinnen des vergangenen Jahres, ihres Zeichens immerhin Mittelrheinmeisterinnen, bilden das Kernstück der neuen Truppe. Das ist keine allzu große Überraschung. Anna, Helen, Jana, Kathi (und vielleicht ja sogar auch Julia) werden mit an Bord sein. Erfahrung und Klasse versprechen die Nominierungen von Laura Santos, Agnes Szarka und Isabelle Spohr, die im letzten Jahr allesamt noch dem Kader der eigenen „Ersten" angehört haben. Sehr gut, das sich solche Spielerinnen mit ihrer wertvollen Erfahrung nicht zu schade sind, beim Neuaufbau eines schlagkräftigen Reserveteams mitzuwirken. Stabil feste Größen der „Zweiten" sind die verbliebenen Vivien Sellin und auch Sabine Huskotte. Den Sprung aus der „Dritten" schaffte Pia Hommen, wobei das für Insider keine echte Überraschung darstellen dürfte, denn die hoch aufgeschossene zwanzigjährige Ausland-Rückkehrerin (Au pair) kann in ihrer sportlichen Vita auf eine ganze Serie von Handballtiteln und immerhin auch auf zwei Regionalligajahre im TSV-Dress verweisen. Einziger echter Neuzugang im derzeitigen Kader ist Maren Schaub. Die ebenfalls zwanzigjährige, torgefährliche Rückraumspielerin fand den Weg vom TV Wahlscheid an die Beueler Ringstraße.
Nebenbei eine pikante Randnotiz aus dem Kreise des Mannschaftrates, der Sabine als neue Spielführerin und Isa als deren Stellvertreterin wählte: Der Höchststrafsatz wurde auf stolze 150 Euro festgesetzt und wird bei einer – Achtung – Schwangerschaft fällig. Gilt übrigens auch für den Trainer!
Doch zurück zum Thema: Diese zuvor genannten zwölf Damen sollen es also richten und werden aller Voraussicht nach das Gerüst der blutjungen neuen TSV-Frauenmannschaft bilden. Die Beueler Männerwelt dürfte jubilieren! Das Durchschnittsalter liegt bei etwas über 21 Jahren – bemerkenswert. Derzeit fehlen dem Team allerdings definitiv noch zwei Torhüterinnen zum vorläufigen personellen Glück. Hier wartet man aber in aller Ruhe die Entwicklung der Vorbereitung im Oberligateam ab. Zudem könnte sich der momentane Kader natürlich noch in beide Richtungen verändern. So verfügt die eigene „Dritte" beispielsweise über reichlich (höherklassige) Erfahrung. Das beispielsweise eine Bibi Rohn oder auch Speedy Weber als bewährte Kräfte im Notfall punktuell helfen könnten, erscheint durchaus vorstellbar. Auch die modifizierte Festspielregel für Jungjuniorinnen könnte im Zusammenspiel mit dem Oberligateam in beide Richtungen pfiffig genutzt werden. Einerseits werden Bankspielerinnen oder Rekonvaleszentinnen „von oben" fehlende Spielpraxis in der Kreisliga sammeln, andererseits kann man so auch Nachwuchshoffnungen „von unten„ für ihre hervorragende Leistungen bedenkenlos mit einem punktuellen Oberligaeinsatz belohnen, ohne gleich Angst vor dem berüchtigten „Festspielen" haben zu müssen.
Das hört sich doch alles sehr, sehr gut an und - wie versprochen – auch mehr als interessant. Das unbedingt notwendige Zusammenspiel der drei Damentrainer, Florian Zens, Socrates und Markus Müller als neuem Coach der „Dritten" funktioniert freundschaftlich, vertrauensvoll und bislang nahezu perfekt. Na prima, dann wollen wir doch schnell mal über eine tolle Platzierung spekulieren und die Favoritenrolle verteilen. Doch halt, da wird „Pitu" reflexartig zur gelb-grünen Brasilianischen Furie. Von einer festgelegten Zielvorgabe will im Beueler Frauenlager nämlich wirklich niemand etwas wissen. Wie zum Beweis dafür waren die ersten spielerischen Auftritte des Teams dann auch noch sehr holprig, ungeordnet, deutlich verbesserungswürdig und eher ernüchternd. Also schön auf dem Teppich bleiben mit falschen und vorschnellen Prognosen. Dafür sind noch viel zu viele Unbekannte zu bewältigen – intern, aber besonders auch extern.
Socrates verweist in diesem Zusammenhang nur zu gerne auf die vermutlich stärkste BES-Kreisliga aller Zeiten. Und in der Tat, da sind mit dem ruhmreichen Godesberger TV und dem HSV Bockeroth gleich zwei ambitionierte Landesligaabsteiger unterwegs. Die HSG Niederpleis/St. Augustin hat als Ex-Regionalligist diesmal sicher ganz andere Ansprüche als einen Mittelfeldplatz auf Kreisebene. Beachtenswert sicher auch das in den letzten Jahren kontinuierlich gewachsene Team der Nachbarn von der HSG Geislar-Oberkassel (übrigens ebenso Ex-Regionalligist). Die verlustpunktfrei aufgestiegene Oberligareserve der SG Ollheim-Straßfeld wird allgemein als personell gut besetzt und äußerst spielstark eingestuft. Und der HV Erftstadt mit Trainerfuchs Wolli Siebert, bereits im letzten Jahr in vorderer Kreisligafront unterwegs, hat zu Gunsten seines Frauenteams nach reiflicher Überlegung sogar auf den A-Jugend-Oberligastartplatz verzichtet. Das macht man sicher ebenfalls nicht, um als Konsequenz im Tabellenniemandsland zu dümpeln. Gut zu wissen, das man da als einziger Verein der Liga noch eine eigene, sicher auch nicht ganz so leistungsschwache, Drittvertretung im Rücken hat. Nach Jahren des Schattendaseins dürfte die bevorstehende Frauen-Kreisligasaison in der Tat eine beachtenswert heiße Nummer werden. Los geht es für die TSV-Frauenreserve am 9. September um 15:15 h mit einem Heimspiel gegen den FC Hennef.
So darf man also getrost dem Understatement der Beueler Chefetage vollen Glauben schenken. Socrates will, das seine Frauen zunächst einmal mit viel Spaß am eigenen Hobby zu einem echten Team wachsen und lernen, im Kollektiv konzeptionellen und schnellen Handball zu spielen. Druck wäre da seiner Meinung nach völlig fehl am Platze. Dennoch blitzt ganz zum Schluss noch de Oliveiras bekannter Ehrgeiz durch: „Wir wollen dabei aber ebenso schnell in der Lage sein, jeden Gegner der Liga schlagen zu können..."
TSV Bonn rrh. 2. Frauen – Saison 2012 / 2013
Spielerinnen (Stand: August 2012)
siehe Text
Trainer
Socrates de Oliveira